"Grenzen des Ausschlusses der Verwechslungsgefahr durch den Sinngehalt im Anschluss an die Picasso-Entscheidung des EuGH", FS Ullmann (2006), 269

Am 12. 1. 2006 hat der EuGH in seiner „Picasso“ Entscheidung das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des EuG zurückgewiesen, wonach eine Verwechslungsgefahr zwischen der älteren Gemeinschaftsmarke „Picasso“ und der angemeldeten Gemeinschaftsmarke „Picaro“ trotz bildlicher und geringer klanglicher Ähnlichkeit wegen des unterschiedlichen Sinngehaltes beider Zeichen nicht besteht.

 

Die „Picasso“ – Entscheidung des EuGH gibt Anlass zur Hinterfragung der Grenzen des Ausschlusses der Verwechslungsgefahr von Wortmarken durch den Sinngehalt.

 

Keine Präjudizwirkung der „Picasso“ - Entscheidung des EuGH:

 

Eine Rechtsregel ist mit der „Picasso“-Entscheidung des EuGH nicht formuliert worden. Der EuGH hat die Bewertung des EuG deshalb nicht beanstandet, weil sie auf einer unverfälschten Tatsachenwürdigung beruhte, die er nicht zu überprüfen hatte. Die Annahme des EuGH, das EuG sei von keiner erhöhten Kennzeichnungskraft der Marke ausgegangen, lässt sich weder den Entscheidungsgründen des EuG entnehmen, noch entspricht sie der Sachlage . Vielmehr ging das EuG aufgrund des unterschiedlichen Sinngehalts – wie in den oben dargestellten vergleichbaren Fällen hinsichtlich der Bezeichnungen „Asterix" und „Obelix“  von einer absoluten Markenunähnlichkeit aus. Auch das EuG hat in seinem „Picasso“-Urteil mit der auf den konkreten Fall abgestellten Begründung keine allgemeine Rechtsregel formuliert.

 

Damit besteht die Chance, dem EuGH in einem geeigneten Fall die Frage vorzulegen, ob bei einer aus einem berühmten Namen bestehenden nicht bekannten Marke die Annahme einer klanglichen oder bildlichen Verwechslungsgefahr wegen des mit der Marke verbundenen eindeutigen, bestimmten und ohne weiteres erfassbaren Hinweises auf den berühmten Namensträger auch dann ausscheidet, wenn die Marke über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, die zusammen mit den übrigen Umständen des konkreten Einzelfalles ansonsten eine Verwechslungsgefahr begründen würde.