Gegenüber einer Zeichennutzung im geschäftlichen Verkehr beurteilt sich der Umfang des Markenschutzes letztlich an Hand der Funktionswidrigkeit.
Gefragt wird, inwieweit durch eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr die gesetzlich geschützten Markenfunktionen verletzt werden können. Namentlich die L'Oréal/Bellure Entscheidung des Gerichtshofs hat insoweit eine Klärung herbeigeführt.
Analysiert man auf ihrer Grundlage den gesetzlich vorgesehenen Schutzumfang der Marke, zeigt sich jedoch, dass das gesetzliche Markenschutzsystem eine Lücke aufweist, die gerade auch aufgrund der Voraussetzungen einer wettbewerbswidrigen vergleichenden Werbung nicht gerechtfertigt erscheint.
Schutzlücke:
Eine markenrechtliche Schutzlücke läge auf dieser Grundlage vor, wenn die selbstständige Beeinträchtigung einer der sonstigen Funktionen der Marke auch außerhalb des Identitätsschutzes und des Bekanntheitsschutzes möglich ist und für ihre Nichtberücksichtigung im Rahmen der Verletzungstatbestände keine Rechtfertigung besteht. In der Tat sind solche Fälle denkbar.
In Vergleichslisten etwa könnten im Rahmen vergleichender Werbung mit der älteren nicht bekannten Marke ähnliche Zeichen für identische, aber minderwertige Waren verwendet werden und damit die Qualitätsgarantiefunktion der älteren ähnlichen Marke ausgenutzt sein, ohne dass der adressierte Fachverkehr hierbei einer Verwechslungsgefahr unterliegt, wie dieses in dem der L’Oréal/Bellure Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt der Fall war. Oder es könnte die Gegenüberstellung eines Nachahmungsproduktes mit einem Originalprodukt in der Werbung ohne Verwechslungsgefahr gerade auch aufgrund der ähnlichen Bezeichnungen konkrete Assoziationen hervorrufen und im Sinne einer Nachahmungsaussage verstanden werden.
Dieses etwa war zwischen der Bezeichnung Icy Cold eines Imitatparfums und der Marke Cool Water des Originalparfums der Fall, könnte aber genauso bei nicht bekannten Marken gegeben sein. Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass Imitatsbehauptungen im Rahmen der vergleichenden Werbung als unlauteres Ausnutzen des Rufs der Marke zu betrachten sind, was zeigt, dass mindestens die Kommunikationsfunktion der Marke verletzt ist, aber auch die Verletzung einer anderen der sonstigen Markenfunktionen beeinträchtigt sein kann, etwa die Qualitätsgarantiefunktion.
Diese Beeinträchtigung der zusätzlichen Markenfunktionen hängt nicht von der Bekanntheit der Marke des Originalproduktes ab, wie das an diese Voraussetzung nicht gebundene Verbot einer solchen Imitatsbehauptung im Rahmen der kennzeichenrechtlichen Voraussetzungen zulässiger vergleichender Werbung zeigt.
Der Sache nach liegt auch in derartigen Fällen die Möglichkeit der Beeinträchtigung einer der sonstigen Funktionen einer nicht bekannten Marke ohne gleichzeitige Beeinträchtigung der Herkunftsgarantiefunktion vor, und zwar durch assoziierbar ähnliche Bezeichnungen.
Mit dem bisherigen markenrechtlichen Schutzsystem lassen sich diese Fälle der Funktionsverletzung durch Assoziation nicht erfassen.
Vorlage an den Gerichtshof:
Im Ergebnis scheint es aber lohnenswert, den Gerichtshof gegebenenfalls danach zu befragen, ob die Assoziationsklausel angesichts ihres Bezuges zum Verwechslungsschutz („includes“ ) und im Anschluss an die Fortentwicklung der Rechtsprechung zu den Markenfunktionen nicht dahin ausgelegt werden kann, dass sie tatsächlich eine Erweiterung des Begriffs der Verwechslungsgefahr im Sinne einer Funktionsverletzungsgefahr durch Assoziation auch unterhalb der Bekanntheitsschwelle bewirkt.
Mit dem bisherigen Wortlaut des Verwechslungsgefahrtatbestandes würde auch dann ein Zeichen im Rahmen der Verwechslungsgefahr markenverletzend benutzt, bei dem wegen seiner Identität oder Ähnlichkeit mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr einer gedanklichen Verbindung besteht und dieses nur zur Verletzung der sonstigen Markenfunktionen, also der Qualitätsgarantiefunktion, der Kommunikationsfunktion, der Investitionsfunktion oder der Werbefunktion, auch außerhalb der Herkunftsgarantiefunktion führen kann.
Neben den oben beschriebenen bislang anerkannten Gruppen des Assoziationsschutzes im Rahmen der Verwechslungsgefahr, nämlich einer Differenzierung zwischen den Zeichen, aber einer fehlenden Zuordnung zu einem bestimmten Inhaber oder einer Differenzierung zwischen den Zeichen und ihren Inhabern, aber der fehlenden Annahme von geschäftlichen Verbindungen, gäbe es dann eine weitere Gruppe der Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung. Diese wäre trotz Unterscheidung der Zeichen und ihrer Inhaber in der Gefahr der Beeinträchtigung der sonstigen gesetzlich geschützten Funktionen der älteren Marke durch ein assoziierbar ähnliches Zeichen zu sehen.
Würde dieser Umstand als neuer Unterfall der Verwechslungsgefahr anerkannt, würde auch die in Aussicht genommene Neuformulierung der Verletzungstatbestände mit Bezug auf die vergleichende Werbung in Art. 9 Abs. 3 (f) GMVO, 10 Abs. 3 (f) MarkenRL, sollte sie Gesetz werden, stimmig sein. Denn wenn in den hier diskutierten Fällen der Funktionsbeeinträchtigung durch ein assoziierbar ähnliches Zeichen ein neuer Fall der Verwechslungsgefahr gesehen werden könnte, wäre es nur folgerichtig, dass der Markeninhaber auch die Benutzung eines solchen Zeichens im Rahmen einer wettbewerbswidrigen vergleichenden Werbung verbieten kann.