"Der Konflikt zwischen Marke und Unternehmenskennzeichen nach der Céline-Entscheidung des EuGH", MarkenR 2007, 457

Am 11. 9. 2007 hat der EuGH zum Konflikt zwischen einer älteren Marke und einem jüngeren identischen Unternehmenskennzeichen Stellung genommen.

 

Ausgangspunkt war die französische Klage des Inhabers der für Bekleidung und Schuhe geschützten älteren Marke CÈLINE gegen die Céline SARL.

Der Markeninhaber beanstandete, dass die Céline SARL unter dem Firmenzeichen Céline ein Geschäft mit Konfektionsbekleidung für Herren und Damen betrieb. Rechtlich betraf der Sachverhalt die markenrechtliche Identitätsschutzregelung des Art. 5 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 89/104/EWG (MarkenRL).

Nach Art. 5 Abs. 1 lit. a MarkenRL ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. a MarkenRL4 hat der Inhaber einer Marke jedoch nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr dessen Namen zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.

Der vorliegende Beitrag untersucht die Auswirkungen der Céline-Entscheidung für das deutsche Recht.

 

Zusammenfassung:

 

Die Céline-Entscheidung des EuGH weicht nicht grundsätzlich von der bisherigen Rspr. des BGH ab. Sie stellt im Konflikt zwischen einer älteren Marke und einem jüngeren Unternehmenskennzeichen übereinstimmend mit der bisherigen Rspr. darauf ab, ob die Verbraucher das Unternehmenskennzeichen als Bezeichnung des Ursprungs der Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens auffassen. Die waren- und dienstleistungsmäßige Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichens kann weiterhin durch den Erfahrungssatz beantwortet werden, dass die Verbraucher unter den gegebenen Umständen in einem firmenmäßigen Gebrauch mittelbar auch einen markenmäßigen Gebrauch sehen. Jedoch wird nach der Céline-Entscheidung die Notwendigkeit bestehen, derartige Erfahrungssätze im Einzelfall besonders sorgfältig zu begründen. Die Eigenschaft als Warenkennzeichnung kann sich für das Unternehmenskennzeichen dabei auch aus Wertungsmaßstäben ergeben, die die Rspr. zur Frage der Unterscheidungskraft sowie der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke entwickelt hat.

 

Im Rahmen der nach Bejahung einer Identitäts- oder Verwechslungsgefahr zu prüfenden Schutzschrankenregelung des Art. 6 Abs. 1 lit. a MarkenRL (§ 23 Nr. 1 MarkenG; Art. 12 lit. a GMV) ist zu beachten, dass der Grad der Verletzungsintensität mit dem Grad der Vorwerfbarkeit bei Unkenntnis von der Verletzung in einem Wechselverhältnis steht. Das subjektive Element der Vorwerfbarkeit bei Unkenntnis der Verletzung findet seine Rechtfertigung darin, dass die Herkunftsfunktion der Marke bei Benutzung eines Unternehmenskennzeichens objektiv geringer gestört sein kann als bei Benutzung einer Marke. Die Schutzschrankenregelung ist als Ausnahmeregelung restriktiv auszulegen.

 

Stellt der firmenmäßige Gebrauch nicht gleichzeitig auch eine markenmäßige Benutzung dar, kann u.U. mittelbarer Markenschutz durch das UWG in Betracht kommen.